In der allgemeinen Wahrnehmung verdienen Unternehmer mehr Geld als andere Menschen und gelten als erfolgreich. Tatsächlich aber kämpfen nicht wenige Unternehmer mit negativen Ergebnissen oder sehr niedrigen Gewinnen. Äußere Umstände sind in den seltensten Fällen die Ursache. Vielmehr sind es Persönlichkeit und innere Überzeugungen, die ein Unternehmen am finanziellen Wachstum hindern. Wie du einen Growth Mindset für deine unternehmerischen Finanzen entwickelst, erfährst du in diesem Beitrag.
“Unternehmer werden von Freunden und Bekannten schnell damit assoziiert, erfolgreich zu sein, mehr Geld als andere zu haben, größere Häuser und teurere Autos zu besitzen als der Durchschnittsbürger. Auch die Unternehmer pflegen dieses Bild, um nach außen hin das Klischee des erfolgreichen Unternehmers aufrecht zu erhalten. Sichtbar erfolgreiche Unternehmer – so meint man – sind für das Marketing wichtig. ”
Kennst du die Enttäuschung am Jahresende, wenn nur ein rotes Minus in der GuV oder der Einnahmen-/Ausgabenrechnung steht? Du hast monatelang mühevoll Kundenaufträge abgearbeitet, Mitarbeiterprobleme gelöst und die lästige interne Organisation erledigt. Und doch hat es nicht zum Gewinn gereicht, obwohl du viele Abende und Wochenenden dem Betrieb geopfert hast.
Die Statistiken zeichnen aber ein ganz anderes Bild. Die volkswirtschaftlichen Zahlen zu Unternehmern in Österreich sehen nämlich nicht rosig aus: 27% aller KMU in Österreich schließen das Geschäftsjahr mit einem Verlust ab (Quelle: KMU-Forschung Austria, KMU im Fokus 2020). Noch dramatischer sieht die Lage aus, wenn man jene weiteren 21% der Unternehmen hinzuzählt, die maximal 2,5% Umsatzrendite erwirtschaften. 2,5% Umsatzrendite klingen erst einmal nicht so schlecht. Praktisch bedeuten sie allerdings bei einem Umsatz von 1 Million EUR einen Gewinn von „heißen“ 25.000 EUR – vor Steuern. Diese 25.000 EUR Jahresgewinn können für ein typisches KMU durch nur ein oder zwei schlechte Umsatzmonate schnell zu einem Null-Ergebnis führen. In Summe haben damit 48% aller Unternehmer in Österreich entweder eine völlig uninteressante Jahresrendite oder sogar ein Negativergebnis.
Auch wenn es hart klingt: Mit solchen Renditekennzahlen lässt sich kein langfristig stabiles Unternehmen aufbauen. Unternehmen mit einer (fast) Null-Rendite sind typischerweise fremdfinanziert (Bankkredite) und arbeiten mit einem Liquiditätspolster von deutlich weniger als 30 Tagen. Das bedeutet, dass ein solches Unternehmen maximal 30 Tage überleben kann, falls von heute auf morgen alle Umsätze wegbrechen. – Das klingt nach einem theoretischen Szenario? Die Pandemie hat uns gezeigt, wie schnell das konkret werden kann. Aber es braucht dazu keine Pandemie. Auch das Wegbrechen von 1-2 der wichtigsten Kunden kann für manche Unternehmer einen katastrophalen Umsatzausfall bedeuten. Die Folge geringer Unternehmensrenditen ist, dass du keine Cash-Reserven aufbauen kannst, um Geld in die Anschaffung neuer Maschinen oder in die Forschung für neue Produkte und Methoden zu investieren. Im Gegenteil: Solch niedrige Unternehmensrenditen bedeuten, dass du dich selbst als Unternehmer am energetischen Limit abrackerst oder in schlechten Zeiten dein eigenes Gehalt kürzt, bevor du andere Maßnahmen im Unternehmen triffst. Kommt dir das bekannt vor?
Wie du siehst, bist du mit einer solchen Situation in Österreich nicht allein. Doch wie kannst du dich aus dieser Renditefalle befreien? Hierfür gibt es eine überraschend einfache Antwort: Du selbst mit deiner Einstellung zum Thema Geld und Finanzen bist in der Regel die Ursache für die mangelnde Rendite. Die gute Nachricht ist: Du selbst kannst dir aus dem Weg gehen und deine Einstellung verändern.
Das funktioniert in drei Schritten, die ich dir weiter unten vorstellen werde. Zunächst aber der Hintergrund dazu. Es geht um deine Glaubenssätze ...
Was sind Glaubenssätze und wie wirken sie sich aus?
Glaubenssätze sind tief in uns verwurzelte Überzeugungen. Sie geben uns Halt bei täglichen Entscheidungen, weil sie uns wie Leitplanken führen. Dabei schützen uns vor allem negative Glaubenssätze vor Enttäuschungen, indem sie unser Handeln und unsere Erwartungen von vornherein limitieren:
Ich schaffe das nicht. Das ist unmöglich.
Ich habe es nicht anders gelernt.
Das Produkt xy zu produzieren ist zu groß für mich.
Die Kunden werden nicht so viele Produkte kaufen.
Ich selbst kann meinen Betrieb nur mit 2 Mitarbeitern führen.
Ich bin nicht so erfolgreich wie Unternehmer XY.
Mit solchen Glaubenssätzen entschuldigst du ein etwaiges Scheitern bereits im Voraus und stellst dich selbst nicht in Frage.
Für uns als Unternehmer ist es vor allem interessant, jene Glaubenssätze zu erforschen, die unsere Einstellung zum Thema Geld und Finanzen prägen. Sie sind die Ursache für die sogenannten Mikro-Entscheidungen, die wir tagein, tagaus treffen. Mikro-Entscheidungen treffen wir automatisch, ohne dass uns bewusst wird, dass wir eine Wahl hätten. Beispiel: Du setzt den Preis des Produkts A nicht hinauf, obwohl der Preis sich seit drei Jahren nicht verändert hat. Warum aber veränderst du den Preis für deine Produkte nicht? Ursache ist vermutlich eine tiefe Begrenzung deines Selbstwertes, z.B. „Meine Produkte sind nicht so gut wie jene vom Mitbewerber“ oder „unsere Produkte haben oft Qualitätsmängel“. Die dahinterliegende Überzeugung lautet: „Ich kann froh sein, wenn meine Kunden die Produkte zum bestehenden Preis überhaupt abnehmen.“ Diese Handlungsweise ist fatal: Mit jedem weiteren Jahr steigt die Gefahr, dass durch steigende Einkaufspreise und Mitarbeitergehälter der Deckungsbeitrag immer weiter sinkt, das Unternehmensergebnis negativ wird und du selbst vermutlich in immer mehr Arbeit untergehst.
Glaubenssätze rund um das Thema Geld
Woher kommen diese Glaubenssätze zum Thema Geld? Glaubenssätze wurden seit der frühen Kindheit über viele Jahre aufgebaut und durch Eltern, Erziehung, Schule oder wichtige Bezugspersonen geprägt. Sie haben sich tief in unser Unterbewusstsein eingegraben. Wer beispielsweise mit der Einstellung aufgewachsen ist, dass er „ehrliches Geld nur durch harte Arbeit verdienen kann“, hat es sehr schwer als Unternehmer einen Betrieb mit vielen Mitarbeitern aufzubauen. Arbeit wird nur dann als „hart“ und damit als ethisch korrekt empfunden, wenn er sie selbst leistet. Dieser Glaubenssatz wird diesen Unternehmer immer wieder davon abhalten, Arbeit zu delegieren. Er wird morgens der erste im Betrieb sein und abends als Letzter nach Hause gehen. Du erkennst dich selbst wieder? Tröste dich, du bist nicht allein.
Typische Glaubenssätze zum Thema Geld sind:
Alle Reichen sind geizig.
Alle Reichen sind Gauner.
Um ehrliches Geld zu verdienen, muss ich hart arbeiten.
Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in den Himmel kommt.
Reich, aber dumm.
Ich bin nur glücklich, wenn ich Geld habe.
Reich zu sein ist unmoralisch.
Lieber Glück in der Liebe als Geld am Konto.
Mit all diesen Glaubenssätzen bekommt Geld eine negative Assoziation. Wir können uns nur dann gut fühlen, wenn wir uns nicht als „reich“ empfinden oder nicht so viel Geld am Konto haben. Wir werden also unsere täglichen Mikro-Entscheidungen so treffen, dass sie dieses Selbstbild nicht in Frage stellen.
Und so kannst du deine Glaubenssätze verändern:
1. Bestandsaufnahme
Um Glaubenssätze zu verändern, musst du zuerst herausfinden, welche Glaubenssätze dich prägen. Hierfür gibt es zwei Ansätze:
Du schreibst alle Überzeugungen zum Thema Geld auf, die dir in den Sinn kommen. Am besten machst du das in einer Art Brainstorming für dich selbst, das heißt Überzeugungen möglichst rasch und ohne Wertung aufschreiben.
Du erinnerst dich an prägende Ereignisse in deinem Leben, in denen du entweder selbst Entscheidungen zum Thema Geld getroffen hast, oder in denen du gesehen hast, wie eine Bezugsperson eine Geldentscheidung getroffen hat. Versuche zu ergründen, welche tiefe Motivation hinter diesen Entscheidungen lag, und schreibe sie auf.
Aus deiner Liste suche dir den wichtigsten Glaubenssatz heraus und versuche zu ergründen:
Warum ist diese Überzeugung noch immer wahr?
Gibt es Ereignisse oder Vorbilder, die einen Gegenbeweis darstellen?
Was wird es mich emotional kosten, wenn ich diesen Glaubenssatz nicht aufgebe?
Was bedeutet es für meine Mitarbeiter, meine Familie und andere, die mir wichtig sind, wenn ich diesen Glaubenssatz in der Zukunft nicht verändere?
2. Veränderung
Im nächsten Schritt veränderst du den Glaubenssatz zu einer positiven Überzeugung. Dabei ist es meist nicht sinnvoll, den Glaubenssatz einfach umzukehren, weil uns das zu wenig berührt. Wirkungsvoller ist es zu ergründen, wie du einen positiven Bezug zur Überzeugung bekommen kannst. Beispiel: Aus „Alle Reichen sind Gauner“ würde ein Satz wie „Alle Reichen sind Wohltäter“ zu schnell als unrichtig entlarvt und uns nicht ansprechen. Sinnstiftender könnte sein: „Mit Geld kann ich sichere Arbeitsplätze bieten.“
Versuche aus den wichtigsten Glaubenssätzen positive Überzeugungen zu bilden und streiche die alten Glaubenssätze durch. Die positiven Glaubenssätze schreibst du über die alten Überzeugungen.
3. Verankerung
Im dritten Schritt verankerst du deinen neuen Glaubenssatz emotional. Mach dir bitte Gedanken:
Welche zusätzlichen Möglichkeiten habe ich, wenn ich finanziell erfolgreich bin?
Welche Auswirkung hat es auf meine Familie, meine Freunde, wenn ich finanziell erfolgreich bin?
Wie wird mein Leben außerdem bereichert?
Die neuen, positiven Überzeugungen hänge dir am besten auf, wo du sie jeden Tag sehen kannst. In den nächsten vier Wochen sagst du dir den neuen Glaubenssatz täglich vor: Am besten im Auto laut aussprechen!
In den folgenden Monaten wirst du feststellen, dass sich deine Handlungsweise langsam, aber spürbar verändert und sich Umsätze und Deckungsbeiträge verbessern.
Fazit
Wie du siehst, muss man nicht mit einem Growth-Mindset geboren sein, um ein Unternehmen finanziell erfolgreich zu führen. Der Schlüssel liegt in dir selbst. Sobald du deine limitierenden Glaubenssätze erkennst, kannst du sie auch verändern, und neue, positive Glaubenssätze befreien dich aus der Renditefalle. Alles, was dazu gehört, ist Mut zu Erkennen und konsequentes Training. Viel Erfolg!
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